Only a little glacier river to cross.

 

Eishöhle

 

Sandsturm an der Askia

6.Tag-03.August 2004
Wanderung zur Eishöhle am Kverkfjöll, 8 km

Ich habe nicht besonders gut geschlafen und bin nachts aufgewacht. Die Nase war total verstopft, ich hatte Kopfschmerzen und einen riesigen Durst. Ich habe erst einmal einen 3/4 Liter Wasser getrunken und dann noch eine Magnesiumtablette reingeworfen.
Als ich mich morgens beim Zähne putzen im Spiegel anschaue, bin ich erst einmal schockiert. Ich habe Tränensäcke, so dick wie meine kleinen Finger und das ganze Gesicht ist aufgequollen. Im ersten Moment denke ich, ich werde krank, aber außer dass ich mich vom Vortag total zermatscht fühle, geht es mir eigentlich gut. Als ich Winfrieds Gesicht sehe, bin ich wieder beruhigt. Er sieht nicht viel besser aus. Wir haben wahrscheinlich gestern unterwegs zu wenig getrunken.

Neben uns zeltet eine Busreisegruppe aus Österreich. Mit großer Lautstärke wird das Frühstück eingenommen. Sie wollen sich heute die Eishöhle ansehen und werden danach noch eine Wanderung unternehmen. Nachdem sie alle in den Bus gestiegen sind und der Richtung Eishöhle davon braust, ist es vollkommen ruhig auf dem Campingplatz. So können wir in Ruhe frühstücken und unsere Sachen für die Wanderung zur Eishöhle zusammen suchen. Als wir mit packen fertigt sind, ist es bereits 10 Uhr. Die Sonne brennt schon mit ganzer Kraft und ich habe ein unangenehmes Gefühl, wenn ich an das viele, dadurch entstehende Schmelzwasser denke.

Nach der Karte muss der Wanderweg direkt hinter der Hütte losgehen. Ein richtiger Weg ist nicht zu sehen, nur der Trampelpfad Richtung Pumpenstation. Da dieser Weg in die richtige Richtung führt, nehmen wir ihn. Nachdem wir den ersten Hügel umrundet haben, ist die Richtung eindeutig vorgegeben. Der Wanderweg geht immer entlang der Wasserleitung, die jeweils an den Kupplungen aus der Erde ragt.
Die Gletscher am Horizont scheinen sehr nahe zu sein, aber das Bild trügt. Wir sind gerade wieder dabei, die Entfernungen zu unterschätzen. Wir folgen der Wasserleitung ca. 3 km, dann hört sie auf und wir haben erst einmal Orientierungsprobleme, die aber nach einer Weile durch einen Wegweiser gelöst werden. Irgendwann geht es dann einen kleinen Hügel hinunter und wir sehen den Gletscherfluss, den wir noch vor der Höhle durchqueren müssen. Auch treffen hier Wanderweg und Piste wieder zusammen. Das Mädel in der Hütte hatte uns zum Gletscherfluss erklärt “Only a little glacier river to cross”.

Ein kleiner Gletscherfluss ist es, aber mit einer recht hohen Strömungsgeschwindigkeit. Die Tiefe können wir nur erahnen, aber ich schätze sie auf 50 bis 60 cm. Die Stelle, an der die Autos den Fluss durchqueren, ist sicherlich nicht die flachste, aber hier ist die Strömungsgeschwindigkeit am niedrigsten. Also geht die übliche Prozedur los. Schuhe ausziehen, Furtsandelen an. Ich durchquere den Fluss als erster. Langsam, mit dem Wanderstock die Tiefe prüfend, taste ich mich vorwärts. Das Wasser geht mir bis zur Mitte der Oberschenkel, also noch nicht zu tief. Bei dem steinigen Flussbett ist es aber nicht ganz einfach, das Gleichgewicht zu halten. Trotzdem gelange ich ohne größere Probleme auf die andere Seite. Windfried wählt eine andere Art der Durchquerung, so zu sagen im Sprint. Er rennt regelrecht durch den Fluss. Auch er erreicht ohne Problem die andere Seite.

Ab hier folgen wir der Piste bis zum Parkplatz. Es stehen 3 Autos dort. Von hier aus sind es noch 10 min bis zur Eishöhle. Es ist mittlerweile 12 Uhr. Die Sonnen brennt vom Himmel und überall entstehen in Minutenschnelle neue Bäche mit Schmelzwasser. Der Fluss an der Höhle ist so hoch, dass wir gar keinen Gedanken daran verschwenden, weiter bis in die Eishöhle vorzudringen. So machen wir aus gebührender Entfernung unsere Fotos. Die ganze Gegend gleicht einem Wasserspiel, da mittlerweile aus jeder Ritze das Schmelzwasser hervor dringt. Das Eis spiegelt sich im Gegenlicht. Ein phantastisches Schauspiel, aber das Gegenlicht ist nicht gerade gut zum Fotografieren. Die Kontraste sind zu groß.
 
So richtig ruhig kann ich die Fotos nicht machen. Mich stimmt das viele Schmelzwasser bedenklich. Ich muss im Hinterkopf die ganze Zeit an den “little glacier river” denken. Deshalb machen wir uns nach 1 1/2 Stunden an der Eishöhle wieder auf den Rückweg. Wir nehmen die Abkürzung entlang des Flusses. Ich schaue immer wieder, ob ich eine gute Stelle zum furten finde, aber es ergibt sich keine Gelegenheit.

Bis zur Furtstelle der Autos sind noch ca. 10 min zu laufen. Ich sehe, wie das letzte Auto den Parkplatz verlässt und beschleunige meinen Schritt. Das wäre die letzte Gelegenheit einen Autofahrer um einen Lift über den Fluss zu bitten. Wir erreichen gleichzeitig wir die Furt und ich muss sehen, dass das Wasser mächtig zugelegt hat. Ich winke dem Fahrer des isländischen Jeeps und frage ihn, ob er uns auf die andere Seite bringen kann. Das Auto ist vollbesetzt und er meint, ob ich mich nicht draussen auf das Trittbrett der Tür stellen kann. Ein Blick auf den Fluss zeigt aber, es ist viel zu tief dafür. So fährt er erst einmal auf die andere Seite, seine Frau steigt aus und er kommt wieder zurück um mich einzuladen. Beim Durchqueren des Flusses ist das Trittbrett jetzt ca. 20 cm unter Wasser. Bloß gut, dass ich nicht auf seinen ersten Vorschlag eingegangen bin. Während dessen steht seine Frau mit dem Fotoapparat auf der anderen Seite. Er gibt noch einmal richtig Gas, damit es für das Foto eine richtige Bugwelle gibt. Mit Winfried wiederholt er die ganze Prozedur, auch die Bugwelle.

Wir bedanken uns und ruckzuck ist er in einer großen Staubwolke verschwunden. Gerade sind wir dabei unsere Wanderschuhe anzuziehen, als zwei Motorradfahrer auftauchen. Nach einer kurzen Unterhaltung mit uns entscheiden sie sich, bis zur Eishöhle zu Fuß zu laufen. Der Fluss hat jetzt bestimmt 70 cm Tiefe und ist zu tief für die Motorräder. Auch die Strömungsgeschwindigkeit hat stark zugelegt. Die Sonne brennt immer noch am wolkenlosen Himmel und so wird der Rückweg eine ziemlich warme Angelegenheit. Am Zeltplatz angekommen, nutzen wir das gute Wetter zum Klamotten waschen. Die Chance ist groß, dass sie heute noch trocken werden. Zumal auch der Wind wieder deutlich zugelegt hat. Wenn man Richtung Askia schaut, sind dort riesige Staubfahnen zu sehen, die in der Ebene durch die Fallwinde vom Gletscher entstehen.

Während wir im Windschatten der Zelte in der Sonne liegen, kommt die österreichische Busgesellschaft von ihrer Wanderung zurück. Die meisten sehen ziemlich abgekämpft aus. Das Abendbrot geht lange nicht so lautstark wie das Frühstück von statten. Auch haben sie zuviel Essen gekocht, dass wir noch Schwammerlsuppe und Kaiserschmarrn abstauben können. Die Reisegruppe will morgen, genau wie wir, weiter zur Askia. Vielleicht sehen wir sie da wieder. Wir verkriechen uns bei Zeiten im Zelt, da morgen wieder ein anstrengender Tag auf uns wartet. Auf der Strecke durch die Krepputunga-Wüste gibt es, bis auf den Gletscherfluss Jökulsa a Fjöllum, auf ungefähr 70 km kein Trinkwasser.

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